Kein Wechselmodell bei hoher Konfliktbelastung der Eltern
Vor dem Erlass des Beschlusses des BGH vom 01. 02. 2017, Az. XII ZB 601/15, konnte ein Gericht ein paritätisches Wechselmodell, bei dem die Kinder jeweils hälftig beim Vater und der Mutter wohnen, nicht gegen den Willen eines Elternteils anordnen.
Mit dieser neuen Rechtsprechung kann aber nicht jeder Elternteil automatisch ein Wechselmodell verlangen, wenn der andere Elternteil das Wechselmodell ablehnt.
Der BGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass ein Wechselmodell nur in den Fällen angeordnet werden kann, wenn dies dem Kindeswohl am besten entspricht.
Das zu entscheidende Gericht muss also immer eine Kindeswohlprüfung durchführen, notfalls durch Einholung eines kostspieligen Sachverständigengutachtens.
Das Kammergericht Berlin hat in einer neuen Entscheidung, Beschluss vom 13. 04. 2017, Az. 16 UF 8/17 die Anordnung eines solchen Wechselmodells abgelehnt.
In diesem konkreten Fall bestand zwischen den Eltern eine sehr hohe, mehrjährige Konfliktbelastung und dadurch eine deutlich eingeschränkte Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit. Zudem war die Bindungstoleranz gegenüber dem jeweils anderen Elternteil derart eingeschränkt, dass das Gericht bei einer Ausweitung der Umgangskontakte durch die Anordnung des Wechselmodells eine Gefahr für das Kind sah, verstärkt mit dem elterlichen Streit konfrontiert zu werden und dadurch in einen erhöhten Loyalitätskonflikt zu geraten.
Ein paritätisches Wechselmodell wird ein Gericht also immer nur dann anordnen können, wenn die Eltern in einem gutem Kontakt miteinander stehen, anstehende Fragen gemeinsam klären können und den anderen Elternteil nicht vor dem Kind herabwürdigen.
In der Praxis kommt weiter hinzu, dass die Wohnorte der Eltern in unmittelbarer Nähe liegen sollten, damit das Kind den gleichen Kindergarten oder Schule besuchen kann und auch seinen Freundeskreis behalten kann. Die Lebensmittelpunkte sollten also möglichst dicht beieinander liegen, denn ein wöchentlicher Wechsel der Bezugspersonen und des sozialen Umfelds dürfte nicht kindeswohlgerecht sein.