Unterhalt auch nach der Ehescheidung
Immer wieder begegne ich in der Praxis dem Irrglauben, nach einer Ehescheidung ende ein Ehegattenunterhaltsanspruch, wenn die gemeinsamen Kinder älter als drei Jahre sind.
Ein geschiedener Ehegatte kann Unterhaltsansprüche verschiedener Art haben:
So gibt es den Betreuungsunterhaltsanspruch gemäß §1570 BGB, wenn ein Ehegatte ein gemeinsames Kind betreut.
Dieser Unterhaltsanspruch endet nicht mit dem 3. Lebensjahr des Kindes. In der Regel verlängert sich dieser Unterhaltsanspruch, da eine Ganztags-Erwerbstätigkeit von dem betreuenden Elternteil nur im Rahmen einer ausreichenden Betreuung der Kinder verlangt werden kann.
Geht ein Kind in die Schule und wird dort bis 16.00 Uhr betreut, kann dem betreuenden Elternteil zugemutet werden, von ca. 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr zu arbeiten. Dies entspricht einer wöchentlichen Arbeitszeit von ca. 30 Stunden. Verdient der andere Elternteil nach Abzug des Kindesunterhalts dann noch mehr als der betreuende Elternteil, muss er nachehelichen Unterhalt leisten.
Dies gilt im Falle der Betreuung eines Kindes, dessen Eltern nicht verheiratet sind, genauso.
Auch wenn eine Ehe kinderlos geblieben ist, existieren nacheheliche Unterhaltsansprüche. Verdient eine Ehefrau beispielsweise aus einer Vollzeiterwerbstätigkeit ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.500,00 EUR und der Ehemann ein solches in Höhe von 3.500,00 EUR, dann kann die Ehefrau gegen den geschiedenen Ehemann einen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt, §1573 BGB, in Höhe von 3/7 der Differenz der beiden Einkommen haben, also 3.500,00 – 1.500,00 = 2.000,00 x 3/7 = 857,00. Diesen Unterhalt wird die Ehefrau noch für einen Zeitraum von ca. einem Viertel der Ehezeit verlangen können. Hat die Ehe also 16 Jahre angedauert, so kann die Ehefrau mit einem Unterhaltsanspruch von ca. 4 Jahren rechnen. Diese Dauer der sogenannten nachehelichen Solidarpflicht wird das Gericht nach Billigkeitsgesichtspunkten beurteilen. Nach meiner Erfahrung werden solche Ansprüche jedoch auf ¼ bis 1/5 der Ehezeit befristet.
Auch alle anderen Ehegattenunterhaltsansprüche, wie z.B. Alters-, Krankheits- und Erwerbslosigkeitsunterhaltsansprüche werden anhand der nachehelichen Solidarpflicht zeitlich befristet, sofern kein ehebedingter Nachteil besteht. Hat beispielsweise eine IT-Fachfrau vor der Ehe ein Gehalt von 4.000,00 EUR erhalten, setzt wegen Kindererziehung 20 Jahre aus und findet nach dieser Zeit nur noch eine Arbeit als Büroangestellte mit einem Gehalt von 2.500,00 EUR, so kann der nacheheliche Unterhalt so lange verlangt werden, bis dieser Nachteil ausgeglichen ist, was unter Umständen bis zum Renteneintritt andauern kann.
Ein getrennt lebender Ehegatte sollte sich also fachlich beraten lassen, ob Unterhaltsansprüche auch nach dem Ende der Ehe bestehen.