Unterhalt wegen Betreuung eines behinderten Kindes
Der BGH musste in einer neuen Entscheidung über den Unterhaltsanspruch einer unverheirateten Mutter, die ein vierjähriges, zu 100% schwerbehindertes Kind betreut, entscheiden.
Die Eltern des Kindes waren Studenten, die bei der Geburt des Kindes nicht mehr zusammen lebten. Der Kindesvater beendete nach der Geburt sein Studium, die Kindesmutter musste ihr Studium wegen der Betreuung des Kindes unterbrechen, zog mit dem Kind zu ihren Eltern zurück und nahm dann verspätet ihr Studium wieder auf. Sie ist nicht erwerbstätig.
Für die ersten drei Jahre des Kindes hatte die Kindesmutter unstreitig einen Unterhaltsanspruch gegen den Kindesvater. Fraglich war, ob die Mutter auch danach noch einen Unterhaltsanspruch gegen den Vater hat. Das Kind besuchte eine spezielle Kindertagesstätte, die von 06.30 h bis 18.00 h geöffnet war; tatsächlich wurde es hier jedoch nur von 09.00 h bis 15.00 h betreut. Die Kindesmutter gab an, dass neben der Zeit in der Kindertagesstätte von ihr erhebliche weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen für das Kind aufzuwenden seien, die eine Erwerbstätigkeit ausschließen.
Über das dritte Lebensjahr des Kindes hinaus kann der Betreuungsunterhalt aus kind- und elternbezogenen Gründen verlängert werden. Der BGH musste prüfen, ob und in welchem Umfang die Mutter die Kinderbetreuung an andere Stellen zumutbar abgeben kann und selbst eine Erwerbstätigkeit ausüben muss.
Der BGH nahm kindbezogene Verlängerungsgründe an und entschied, dass der Mutter aufgrund zusätzlicher umfangreicher Betreuungsleistungen auch am Abend oder Morgen eine Erwerbstätigkeit von maximal 5 Stunden täglich zumutbar sei.
Elternbezogene Gründe sah der BGH hingegen keine. Da die Kindeseltern nur vor der Geburt, jedoch nicht bei der Geburt des Kindes zusammenlebten, durfte die Mutter in der Zeit vor der Geburt auch nicht darauf vertrauen, durch den Kindesvater nach der Geburt abgesichert zu sein.
Auch die Tatsache, dass die Mutter ihr Studium anlässlich der Geburt des Kindes unterbrechen musste, stellt keine elternbezogenen Verlängerungsgründe dar. Da die Mutter nicht allein im Interesse des Kindes von einer Erwerbstätigkeit absieht, sondern auch, um ihr Studium zu beenden, verfolgt sie eigene berufliche Interessen, die keinen elternbezogenen Grund darstellen. Unter Umständen ist der Mutter auch zumutbar, bei der Betreuung die Hilfe von Dritten, insbesondere von Verwandten, beanspruchen muss.
Die Kindesmutter kann also einen Betreuungsunterhaltsanspruch auch über das 3. Lebensjahr des Kindes hinaus von dem Kindesvater verlangen. Fraglich ist in welcher Höhe?
Ihr Bedarf richtet sich hierbei nicht nach dem Bedarf im Zeitpunkt der Geburt, als sie noch Studentin war, sondern es müssen die weitergehenden Entwicklungen berücksichtigt werden. Ohne die Kinderbetreuung hätte die Mutter ihr Studium beendet sodass die sich aus der späteren Berufstätigkeit ergebenden Einkünfte ihren Bedarf prägen.
Von diesem Bedarf muss die Mutter allerdings ihren Anteil aus der eigenen 5-stündigen Erwerbstätigkeit in Abzug bringen.
BGH, 10.06.2015, XII ZB 251/14